Politik
Vom Iran über Nicaragua zur Ukraine – Wie der Westen offenbar systematisch unterdrückt, was sich nicht verkaufen will: Kapitalismus pur - als postdemokratische Weltordnung.
Meinung von Stephan Leifeld
Der Anfang dieser Geschichte liegt nicht in Moskau, sondern in Teheran. Mohammad Mossadegh, Jurist, Verfassungsnationalist, Demokrat, wagt 1951 das Undenkbare: Er verstaatlicht das iranische Öl. Das Land soll endlich für die eigene Bevölkerung da sein – nicht für die Bilanzen von BP, damals noch Anglo-Iranian Oil.
Die Reaktion aus London und Washington? Entgeisterung, dann Planung, dann Putsch. …Operation Ajax, organisiert von CIA und MI6, stürzt die demokratisch gewählte Regierung, installiert den Schah neu, lässt Oppositionelle verhaften und foltern, und sichert so freie Bahn für den westlichen Kapitalfluss. Die Demokratie wird damit nicht zum Exportgut, sondern zum Exporthindernis.
Dass aus dieser Enttäuschung später ein islamistisches Regime entstehen sollte, ist kein Zufall, sondern logische Folge imperialer Entpolitisierung: Wer säkulare Emanzipation zerstört, bekommt irgendwann religiösen Widerstand. Auch das wurde dann wieder „bekämpft“ – bis heute.
Auch Afghanistan passt perfekt in die Reihe der sogenannten Demokratiefälle, in denen nicht die Menschen, sondern die Märkte geschützt werden sollen – oder das, was davon übrig ist. Wer sich heute über die Taliban echauffiert, sollte sich fragen, woher sie kommen – und wer sie möglich gemacht hat.
Denn bevor Afghanistan zum Symbol der „mittelalterlichen Barbarei“ wurde, war es in den 1960er und 70er Jahren ein Land mit relativer Öffnung:
• Frauen in Kabul trugen Miniröcke,
• Universitäten blühten auf,
• das Land war neutral, blockfrei und kulturell lebendig.
Dann kam die Sowjetunion – und mit ihr der Westen. Nicht um das Land zu retten, sondern um es in ein Schlachtfeld zu verwandeln.
Die CIA finanzierte und bewaffnete radikale Islamisten, die „Mudschaheddin“, mit Milliarden. Darunter auch ein gewisser Osama bin Laden, der als „Freiheitskämpfer“ hofiert wurde – solange seine Waffen auf Russen zielten. Die afghanische Gesellschaft wurde im Namen der „Freiheit“ feudalisiert, vergewaltigt, verbrannt – und damit nachhaltig zerstört.
Ein anderes Beispiel, gleiche Methode: Nicaragua in den 1980er Jahren. Die sandinistische Regierung stürzt den vom Westen gestützten Somoza-Clan, führt Landreformen durch, verbessert Bildung und Gesundheitsversorgung. Was nach Fortschritt klingt, ist in Washington ein rotes Tuch: zu viele Linke, zu wenig Coca-Cola.
Die Antwort: Finanzierung der Contras, einer paramilitärischen Söldnertruppe mit CIA-Siegel. Dörfer werden niedergebrannt, Lehrer erschossen, Kinder verstümmelt – im Namen der Freiheit, versteht sich. Die Iran-Contra-Affäre zeigt später, wie US-Waffen illegal verkauft wurden, um diesen Krieg gegen Bauern zu führen.
Die UN und der Internationale Gerichtshof verurteilen das Vorgehen – die USA ignorieren alles. Demokratie ist halt relativ, solange sie nicht für US-Investoren relativ sicher ist.
Manuel Noriega, einst CIA-Informant und treuer Drogenkurier im antikommunistischen Schachspiel der USA, wird unbequem. Also wird Panama 1989 überfallen, die Hauptstadt bombardiert, Zivilisten getötet. Noriega wird nach Florida entführt, als würde das Völkerrecht auf Bestellung liefern.
Die Medien nennen es „Operation Just Cause“. Ein sauberer Name für eine blutige Show. Panama ist wichtig, weil der Kanal wichtig ist – Transit, Kontrolle, Einfluss. Und wieder stirbt kein Wort über Demokratie. Die kam, wenn überhaupt, erst danach. Aber nur, weil das Ziel erreicht war.
Kuba, ewiger Stachel im Fleisch der westlichen Ordnung, wollte nie Exporteur von Revolution sein – sondern frei von Importen des Neokolonialismus. Seit 1959 wird das Land deshalb blockiert, sabotiert, überfallen (Schweinebucht), belogen und wirtschaftlich stranguliert.
Über 600 Mordversuche gegen Fidel Castro – dokumentiert, nachgewiesen, bisweilen skurril. Was nie stattfand: ein offener Dialog auf Augenhöhe. Stattdessen gibt es Zucker, der nicht verkauft wird, und Impfstoffe, die im Embargo verrotten.
Die westliche Kritik an Kuba: „Es ist eine Diktatur!“ – Das stimmt. Nur: Was wäre es heute, wenn man ihm je eine echte Chance gegeben hätte?
Seit 2014 heißt das neue Schachbrett: Ukraine. Nach einem von den USA offen unterstützten Regimewechsel wird das Land zum Vorposten der „freien Welt“. Doch die Frage ist: Wofür genau?
• Für westliche Agrarkonzerne, die sich bereits Millionen Hektar Schwarzerde gesichert haben?
• Für Rüstungsunternehmen, die sich ihre Lieferketten in den Osten verlängern?
• Für Zugriff auf Lithium, Titan, Uran, das unter Donbass und Südukraine lagert?
„Demokratie“ bedeutet hier vor allem: Marktöffnung, Deregulierung, Investitionsschutzabkommen. Dass die Ukraine aufgerüstet wird, hat weniger mit Menschenrechten zu tun als mit Nachschublinien – und dass das Land auf Jahrzehnte verschuldet ist, sichert verlässliche Einflusskanäle.
Was all diese Fälle eint, ist nicht das Ziel der „Freiheit“, sondern deren Vermarktung.
Der Westen, allen voran die USA, verkauft Demokratie wie ein Produkt – mit Garantie auf Rohstoffzugriff, Kapitalfreiheit und Militärkooperation. Wo das nicht funktioniert, wird das Etikett abgerissen und das Land fällt unter „Terrorunterstützung“, „Achse des Bösen“ oder „systemische Bedrohung“.
Wer beides bietet, darf alles. Wer nur Demokratie will, wird gestürzt.
Von Teheran über Managua bis Kiew zieht sich eine Linie der interessengeleiteten Demokratiepolitik – marktkonform, imperial, skrupellos. …Wer das als Verschwörung bezeichnet, verkennt:
Es ist kein Geheimnis, es steht in jeder Biografie eines CIA-Direktors.
Die eigentliche Verschwörung ist, dass wir es Demokratie nennen.
Und bald soll Deutschland dem „Freund“ mehr Rendite bringen. Deshalb Wehrpflicht, Bellizismus… um Deutschland in einen sinnlosen Krieg mit Russland zu treiben.